Weiter ging es heute mit dem zweiten Tag des grössten Schweizer Branchenanlasses. Auch heute hat es durch die spannenden Kongress-Themen kaum dazu gereicht, einmal alle Stände der Ausstellung in aller Ruhe anzuschauen. Der Besucherandrang hielt sich auch heute in Grenzen – trotzdem waren die beiden Kongress-Sessions fast bis auf den letzten Platz ausgebucht. Die Themen scheinen die Branche zu interessieren und zu bewegen.
Los ging es um 10.30 h mit dem Thema:
Tour Operating
X, Y, Z – wie werden in Zukunft die Reisen produziert?
In einem rund 20 minütigen Einführungsreferat erklärte Ralf Usbeck, Geschäftsführer von Peakwork um was es sich denn bei den verschiedenen Produktionsformen X, Y und Z denn tatsächlich handelt, was die wichtigsten Unterschiede sind und welche TOs welche Varianten einsetzen. Fast etwas trivial, die Aussage dass die Auswahl des Buchstabens X beim X-Veranstalter einzig aus Mangel an einer besseren Alternative bei der Namensgebung gemacht wurde.
In der anschliessenden Podiumsdiskussion mit
- Thomas Egger, Co-Geschäftsführer Online Travel
- Boris Raoul, Group Managing Director, COO FTI Touristik
- Roger Zintl, Head of Revenue Management & Pricing Kuoni Reisen
- Ralf Usbeck, Geschäftsführer Peakwork
wurde aufgezeigt in welchen Stadien der Entwicklung sich Online Travel als Technologie-Anbieter und die TO’s Kuoni und FTI befinden.Trotz der Aussage von Usbeck, dass die X-Technologie erhebliche Nachteile mit sich bringt, zeigt sich Roger Zintl mit deren Einsatz bei Kuoni ganz zufrieden. Natürlich werde aber auch zusätzlicher eigener Content in Eigenregie dazugespielt und dadurch entstehe auch eine Mischform in der Angebotsproduktion. Wichtig dabei natürlich, dass Kuoni mit GTA im eigenen Konzern über einen der grössten Player im Bereich Bettendatenbanken verfügt. Eine spannende Aussage machte Boris Raoul von FTI:
Wie der Veranstalter produziert, soll für die Branche und vor allem für den Endverbraucher absolut unwichtig sein. Eine unterschiedliche Kommissionierung nach Art der Produkton macht für ihn deshalb absolut keinen Sinn. Das Produkt muss mit der Veranstalter-Marke vereinbar sein und sich über alle Kanäle verkaufen lassen.
Man biete heute für die Schweizer Kundschaft mit den Dynamic Packaging von Online Travel bereits eine Möglichkeit für die Angebotsproduktion nach Y- und Z-Standards und sei damit bereits ganz gut aufgestellt, so Thomas Egger. Angesprochen auf die konkurrenzierenden Daten-Standards EDF von Peakwork und OTDS meinte Usbeck abschliessend, dass sich die Branche vermutlich auf einen Standard einigen würde und dass dies durchaus auch OTDS sein könne.
Schade eigentlich, dass es am Anlass keine vernünftige Verpflegungsmöglichkeit gibt. Ausser Sandwiches und Hot Dogs gibt es leider nichts, was den Magen und den aufkommenden Hunger nur ansatzweise befriedigen kann. So hiess es also heute, das Kongresshaus verlassen und in der nahen Umgebung nach Abhilfe zu suchen.
Kaum wieder zurück und das Mittagessen und die morgendliche Diskussion verdaut, ging es schon wieder weiter mit der vierten und letzten Kongressteil. Bis kurz vor Beginn waren sich Beat Eichenberger und sein Team nicht sicher, ob der Keynote-Speaker überhaupt rechtzeitig in Zürich eintreffen würde. Dieser wurde nämlich direkt vom IATA World Passenger Symposium in Abu Dhabi eingeflogen. Gute Nachricht – der Flug landete in Kloten mit nur 5 Minuten Verspätung.
Airlines
Paradigmenwechsel im Flugticket-Verkauf – wohin führt die Reise?
Nachdem man sich am Vortag auf der Bühne noch einig war, dass Direct Connect der Airlines für Europa noch kein Thema sei, erklärte in seinem Keynote-Speech James K. Davidson, President & CEO Farelogix seine Sicht der Welt. Unter dem Slogan “Who is asking” zeigte Davidson auf, dass sich die Airlines heute bei der Präsentation Ihres Angebotes in den GDSs einzig über den Preis differenzieren können. Die Fluggesellschaften möchten heute aber gerne auch weitere Dienstleistungen und Angebotsmerkmale einbringen und dem Konsumenten ein umfassenderes Angebot präsentieren. Der beste Weg dahin sei eben Direct Connect. Die GDSs könnten dabei zwar eine Rolle spielen und würden auch viel Geld investieren um den Airlines mehr und besseren Zugang zu ermöglichen. Trotzdem sieht Davidson die GDSs eher als Gatekeeper, die die Kontrolle über die Angebotsanzeige auf jeden Fall behalten wollen. Zweifellos ein hervorragender Redner und Rhetoriker der die Zuhörer jederzeit in seinen Bann ziehen konnte. Ob sich dadurch die Welt schneller verändern wird, bleibe einmal dahingestellt. Auf jeden Fall lieferte er mit seinen Aussagen eine tolle Vorlage für die folgenden Kurzpräsentationen von
- Cornel Küng, General Manager Amadeus Switzerland
- Rudolf Schumacher, Managing Director Sales & Marketing Schweiz, Swiss
- Marcel Herter, Director Broking Services & Purchasing Hotelplan und Leiter Fachgruppe Flug beim SRV
Als GDS-Vertreter zeigte Cornel Küng auf, dass die Welt der Distribution doch etwas komplexer ist als die Version von Farelogix. Neben den von Farelogix in der Direct Connect Thematik vertretenen 12 Airlines gibt es rund 400 weitere Gesellschaften, die einen direkten und effizienten Weg in die Reisebüros und die Online Travel Agencies brauchen. Küng und Amadeus setzen sich für gleich lange Spiesse für den direkten und indirekten Vertrieb ein. Und damit dafür, dass Reisebüros weiterhin das ganze Angebot der Airlines inklusive Zusatzdienstleistungen (Ancilliary Services) verkaufen können.
Immer wieder gut für eine schlechte Nachricht für die Branche ist Ruedi Schumacher. Schön verpackt in seinen Ausführungen zu sinkenden Preisen und steigenden Kosten, kam die Ankündigung, dass der Swiss-Support für Reisebüros zukünftig kostenpflichtig sein werde und dass nach Ablauf der aktuellen Full Content-Verträge mit den GDSs, die günstigsten Swiss-Tarife nur noch auf swiss.com und eventuell noch bei ausgewählten Reisebüro-Partnern gebucht werden können. Aber natürlich bleibe der Reisebüro-Vertrieb für die Swiss ein wichtiger Bestandteil. – Oha, nochmal Glück gehabt! Oder doch nicht?
Die Bad News von Swiss seien für die Branche noch das kleinste Problem, meinte im Anschluss Marcel Herter von Hotelplan und Leiter der Fachgruppe Flug im Schweizer Reisebüro-Verband. Die Ausführungen von Davidson und die Aktivitäten der Airlines lassen viel Schlimmeres befürchten. Die Fluggesellschaften wollen Flugtarife zukünftig basierend auf Kundendaten, wie Frequent Flyer Nummern, Firmenzugehörigkeit, Umsatzpotential usw. errechnen und anbieten. Eine neutrale Ansicht der Tarife für ein bestimmtes Routing (Fare Display) und eine Vergleichbarkeit der Preise soll es nach dem Willen der Airlines in dieser Form nicht mehr geben. Zudem machte Herter darauf aufmerksam, dass wenn die oben erwähnten Daten einmal bei der Airline sind, diese in Verbindung mit verfügbaren Informationen aus Social Media Plattformen, ein recht umfassendes Profil des Kunden ergeben. Und die Airlines würden sich kaum davon abhalten lassen, diese Profilinfos für die direkte Kommunikation mit dem Kunden zu nutzen! Einige der Zuhörer werden, wenn es soweit ist, vielleicht ja schon pensioniert sein. Aber die Branche wird sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen müssen.
Zum Thema hier noch ein aktueller Artikel aus dem Travel Inside Newsletter vom Donnerstag mit dem Titel “IATA CEO – Harsche Worte gegen Agenten und GDS”
Viel Stoff für anregende Diskussionen bis zur offiziellen Schliessung der Tore des diesjährigen TTW Deutschschweiz. Für mich ein guter Anlass mit vielen spannenden Gesprächen und wie immer eine Möglichkeit den einen oder anderen Kontakt wieder aufzufrischen.
Wie sich der TTW als Plattform entwickeln wird, muss sicher diskutiert werden. Die Anzahl der Teilnehmer war aus meiner Sicht, trotz dem tollen Kongressprogramm, nicht wirklich berauschend. Schade, das der einzige B2B-Branchenanlass von den Veranstaltern und den Reisebüros nicht besser genutzt wird. Mit höheren Besucherfrequenzen würden auch wieder mehr Aussteller am Event Interesse finden. Aber ich bin überzeugt, dass sich Angelo Heuberger und Chris Probst dazu Ihre Gedanken machen werden.
Ach ja – übrigens den Galileo Universal Desktop habe ich mir auch noch angeschaut. Dazu mehr dann in einem separaten Post. Dieser hier ist ja nun schon etwas lange geworden. Und spät ist es auch schon :-).
Wie war der Anlass für Euch? Und wie haben Euch die Vorträge und Diskussionen gefallen? Ich bin gespannt auf weiteres Feedback.
Adrian Matt für TravelBrain
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