Google: wohin geht die Reise? Oder warum das Social Web ein mögliches Aus für Hotelbewertungsportale, Online Reiseportale und GDS bedeuten könnte.
Am Montag hatte ich mein erstes (und hoffentlich nicht letztes) Interview in der Schweiz. Alexandra Karle von der Fachzeitschrift Schweizer Touristik hat mich über Google´s Wirken im Reisemarkt befragt. Der Beitrag ging heute morgen online auf ST TV.
Das Thema fasziniert mich. Und mich würde auch Eure Meinung dazu interessieren! Daher habe ich nochmals drei Fragen zum Thema aufgearbeitet.
3 Fragen (und Antworten) zu Google´s Anstrengungen im Online Reisemarkt
1. Sehen Sie in Google eine Bereicherung für den Online Reisemarkt oder eher eine Konkurrenz von Anbietern wie Tripadvisor, Holidaycheck oder Zoover? (Vielleicht sogar eine Bedrohung?)
In erster Linie eine Bereicherung für den Internet-Nutzer. Die Reiseplanung macht schon heute mehr Spaß mit Streetview, Panoramio und Google Earth. Bei 9 von 10 Nutzern beginnt die Reise im Netz, dank einer unglaublichen Vielzahl an User Generated Content wie Hotelbewertungen, Tipps, Erfahrungen, Foto, Videos usw.
Das Web entwickelt sich weiter, nicht nur Google. Wenn im Web 2.0 die Technologie eine wichtige Rolle spielte, treten im Social Web die Bedürfnisse der Menschen und ihre Aktivitäten im sozialen Umfeld in den Vordergrund. Internet ist nicht mehr die digitale Welt, in der ich mich abends von meinem Desktop aus einlogge, sondern wird ein Teil meines gesellschaftlichen Lebens. Dies dank Mobile Devices wie Iphone, Ipad, Android und die Mobilapplikationen von Local Based Social Networks wie Foursquare, Gowalla, Foodspotting, Google Places, die (fast) alle integriert sind mit anderen Social Tools wie Twitter. Und natürlich mit Facebook, the Social Network, das meiner Meinung nach als Metapher des Social Web steht.
Das Social Web stellt eine Herausforderung für Hotelbewertungsportale dar. Aber natürlich auch für Online Reiseportale und Destinationsportale. Sie könnten von Local Based Social Networks überholt werden. Vor allem wenn sich der User Generated Content nicht mehr erneuert, weil dieser bereits über die genannten Applikationen, inklusive Google Places und Facebook, veröffentlicht wurde.
Hotelbewertungsportale wie Zoover, Trivago und Holidaycheck setzen bereits auf die Community, auf die Integration mit Facebook und anderen Social Medias. Die Entwicklung zum Social Web könnte tatsächlich den Online Reiseportals wie Expedia, Orbitz, Lastminute.com usw zum Verhägnis werden. Schon heute müssen diese grosse Budgets für ihre Adwords Kampagne aufwenden, um Traffic auf ihre Seiten zu bringen. Denn in den organischen Suchergebnissen (nicht sponsered links) erscheinen nun öfter die Links zu User Generated Medias.
2. Google baut sein Info-Angebot zu Reisezielen mit Google-Places massiv aus. Wird Google Places Tripadvisor und Holidaycheck überholen?
Schon möglich. Ich sehe da neben Google Places auch die Local Based Social Networks als Konkurrenten und dies nicht nur von Hotelbewertungsportale. Die Local Based Social Networks haben den Vorteil dass sie bereits als mobile Applikationen gestartet sind, einer neuen, flexibleren Generation angehören und heute schon integriert sind mit den wichtigsten Social Networks und Social Tools. Alle anderen Players werden auf Community, Mobile App und Integration setzen. Interessanterweise sind Bewertungen von TripAdvisor nicht mehr über Google Places verfügbar. Der Anfang vom Ende?
3. Sehen Sie Google in Zukunft weiterhin als Informationsplattform, oder glauben Sie, dass das Unternehmen auch eine eigene Buchungsplattform betreiben will?
Informationsplattform und Lead Generator. Was heute Adwords ist, könnte sich nach einem ähnlichen Modell wie Bing Travel oder den Meta-Search-Dienste wie Hotelscombined, Momondo entwickeln, die Leads also potenzielle Kunden dem eigentlichen Buchungsportal zuführen. Noch viel faszinierender finde ich die Möglichkeiten die sich mit der Übernahme von ITA durch Google öffnen: vor allem für Fluggesellschaften. Dank ITA´s QPX Technologie könnten die Airlines übers Internet unabhängig von GDSs ihr Inventory freischalten. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass unzählige Online Reisportale Internet Booking Engines auf ihren Seiten haben, die direkt von den GDS (zum Beispiel Amadeus für Opodo, Expedia, Lastminute) gefüttert werden… könnte diese einige große Veränderungen im Online Reisemarkt nach sich ziehen. American Airlines stellt möglicherweise den ersten Business Case dar. Sollte dieser erfolgreich sein, ist davon auszugehen, das weitere Fluggesellschaften dem Beispiel von American Airlines folgen?
Fazit: mich fasziniert, wie die Entwicklung zum Social Web eine grosse Chance für individuelle Reiseberater darstellt. Und ein mögliches Aus für Online Reiseportale. Google wird noch so mächtig und groß sein, Mensch sucht Mensch. Das ist die Quintessenz des Social Web.
Und was denkt Ihr? Wo seht Ihr die Auswirkungen auf die Reisebüros und die Travel Management Companies?
Michele Aggiato für TravelBrain