Ob Sie es glauben oder nicht, die Tage der Kunden-Bewertungen sind gezählt. Die neue Kraft heisst Word-of-Mouth.
Im Prinzip ein Widerspruch, denn Kundenbewertungen wie z.B. Hotelbewertungen sind eine Form von User Generated Content und gehören somit zur Mund zu Mund Werbung. Doch was sich immer stärker breit macht, ist nicht etwa der User Generated Content, sondern der User selber.
Letzte Woche habe ich an der IULM Universität in Mailand einen Vortrag gehalten, über wer denn nun vertrauenswürdig in Sachen Reisen und Tourismus sei. Das Hotelbewertungsportal bzw. die Bewertung selber oder derjenige, der Bewertungen oder Empfehlungen abgibt?
Gemäss Social Travel Report, der bei 1.375 britischen Reisenden im März 2010 nachgefragt hat, steht an erster Stelle mit 28% die Empfehlung durch Freunde. An zweiter Stelle Bewertungen von Fremden und an dritter die Empfehlung von Familienmitgliedern. Im Prinzip hätte der Report auch vereinfacht werden können. Britische Reisende vertrauen zu 53% Freunden und Verwandten. Punkt.
Aus einer aktuelleren Umfrage von Travelsat unter über 15.000 Touristen aus mehr als 30 Ländern geht hervor, dass für die Wahl des Reiseziels mit 38% Freunde und Verwandte den stärksten Einfluss ausüben. Interessanterweise erscheinen Hotelbewertungsportale gar nicht, oder finden sich unter Informationen aud dem Web (22 %) wieder.
Bis 2009 hiess es gemäss PhoCusWright, Forrester Research und anderen, dass Hotelbewertungen am stärksten auf den Buchungsentscheid wirken würden. Hat sich etwas geändert? Vielleicht schon. Im Februar 2012 hat die UK-Werbeaufsicht Advertisement Standard Authority das Hotelbewertungsportal Tripadvisor aufgefordert, Pay Off wie Reviews you can trust abzuändern da diese nicht der Wahrheit entsprechen würden und daher irreführend seien. Die Beweise hierzu hatte die Reputation Management Firma Kwikchex geliefert (die ganze Story können Sie hier nachlesen).
Der Lack scheint abzufallen. Hotelbewertungen bzw. Hotelbewertungsportale könnten in nächster Zeit ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Tatsächlich stehen diese vor ein paar ziemlich grossen Herausforderungen:
- Infomationsüberfluss: oft zuviele unterschiedliche Meinungen für das selbe Hotel.
- Anonymität des Autors hilft mir nicht zu verstehen, ob wir die selben Ansprüche haben. Eine Bewertung ist sehr subjektiv und negativ für den einen, kann aber sehr wohl positiv für den anderen sein. Das wissen auch die Internet-Nutzer.
- Qualität der Inhalte: alle Hotelbewrtungsportale wenden ein sogenanntes top-down crowdsource controlling an. Das heisst eine Redaktion kontrolliert alles Bewertungen. Alle Bewertungen? Nicht wirklich möglich. Folglich Qualitätsverlust.
- Schwächelnde Konversion vom Besucher zum aktiven Nutzer: Inzwischen gibt es sehr viel mehr Möglichkeiten eine Empfehlung abzugeben. Muss ich da explizit auf ein Hotelbewertungsportal? Nein. Das hat zur Folge, dass zum einen der Inhalt immer älter und daher unbrauchbar wird und zum anderen der Fluss an neuen Inhalte nach und nach versiegt.
- Konkurrenz: die Anzahl an Tools und Kanälen um eine Bewertung abzugeben hat sich verdreifacht. Durch die vermehrte Nutzung von mobilen Applikationen erst recht.
Um es also auf dem Punkt zu bringen: die Suche nach vertrauenswürdigen und guten Informationen im Web ist eine schwierige Sache. Gemäss bazaarvoice besucht ein Internet-Nutzer durchschnittlich 22 unterschiedliche Webseiten und braucht etwa 9.5 Suchsessionen bis er zum sogenannte ZMOT (Zero Moment Of Truth) kommt.
Gemäss einer Umfrage von WAYN in Zusammenarbeit mit Frommer´s Travel Guide überwiegen während der Reise die Nutzung von Karten auf dem Smartphone, Social Networks und Blogs. Vergleicht man die Ergebnissen aus den unterschiedlichen Umfragen und Quellen, scheinen sich 3 Trends abzuzeichnen:
- Die Zwei-weg-Kommunikation (also die Konversation mit anderen Nutzern innerhalb des sozialen Netzwerkes) hat einen immer stärkeren Einfluss auf unsere Kauf- bzw. Buchungsentscheidungen.
- Die Möglichkeit von unterwegs auf unser Netzwerk und folglich auf Informationen aus vertrauenswürdigen Quelle zurückzugreifen, macht die Nutzung von mobilen Geräten immer attraktiver.
- Gemäss bazaarvoice zeichnet sich zudem auch ein Trend innerhalb der selben mobilen Geräten, nämlich zwischen dem Smartphone und den Tablets (z.B. iPad) ab, da letztere leistungsstärker und benutzerfreundlicher bei gleichbleibender Flexibilität sind.
Doch zurück zur Ausgangslage. Wer ist vertrauenswürdig?
Wir haben bereits festgestellt, dass das vertikale Zwei-Weg-Engagement nicht mehr überzeugt. Man bevorzugt die Meinung von Freunde und Verwandten, was dank Facebook, Twitter und anderen Konversations-Tools in das seitliche Zwei-Weg-Engagement fällt. Meine Schlussfolgerung: Die Mund zu Mund Werbung, Word-of-Mouth ist die “neue” Kraft.
Die digitale Reputation lässt sich folglich nicht auf eine Kundenbewertung auf Holidaycheck, Zoover oder Tripadvisor beschränken, sondern hängt von einer Vielzahl an Kanälen aber auch von einflussreichen Internet-Nutzern wie Blogger ab.
Wir haben die Odyssee eines Internet-Nutzers auf der Suche nach seinem Urlaub im Web beschrieben. Wir haben gesehen, dass der Trend auf Empfehlungen aus dem sozialen Netzwerk weist, (und heute gibt es ausreichend Kommunikations-Werkzeuge, um von dieser Möglichkeit effizient zu profitieren). Aber warum eigentlich?
Wenn wir nicht weiterwissen, richten wir uns nach dem Verhalten unseres Umfelds. Das kann gezielt erfolgen, in dem wir uns bei Freunden und Familien erkundigen, oder kausal in dem wir einem Trend folgt (Social Proof). “Cosi fan tutti,” wie es schon Mozart auf den Punkt gebracht hat. Hinzu kommt, dass gemäss dem Conversation Index 2011/2012 Verbraucher erst gar keine subjektive Empfehlung mehr wollen, sobald das Produkt oder die Dienstleistung eine bestimmte Komplexität mit sich bringt. Die Dynamik innerhalb eines sozialen Netwerks scheint inzwischen derart gereift zu sein, das es möglich ist aus Konversationskanälen wie zum Beispiel Twitter Umsätze zu generieren.
Wir wenden uns auch an Menschen, die wir als kompetent auf einem bestimmten Feld schätzen. Ein Blogger, der über Low Cost Reisen schreibt, wird als eine solche Person in seinem spezifischen Gebiet identifiziert (Authority). Das selbe jedoch gilt auch bei Reiseverkehrskaufleuten, wie zum Beispiel einem Kreuzfahrt-Spezialisten. Ich habe diesen Punkte bereits in früheren Beiträgen angesprochen. Ausgangslage ist hier eine Umfrage von Amadeus.com, welche zeigt, wie etwa 54 Prozent der befragten Kreuzfahrtenspezialisten in den USA, Umsätze über Facebook und Twitter erzielen. Schliesslich steigt nun auch die Werbung ein und wirbt mit Menschen die durch ihre Interessen oder ihrem Lebensstil als einflussreich geschätzt werden. In allen Branchen.
Doch wie identifiziert mein einen einflussreichen Internet-Nutzer und vor allem wie erkennt man seinen Kompetenzbereich?
In den USA zum Beispiel setzt sich gerade Klout (www.klout.com) durch. Klout ist eine Webanwendung, die alle Social Media Profile einer Person in einem einzigen Profil vereint und anhand eines Algorithmus basierend auf Themen, sozialem Netzwerk, Retweets, Likes und weitere Faktoren, die Autorität eines Nutzers mit Hilfe eines Punktesystems darstellt. Wenn Sie mehr als 60 Punkte (oder Klout) haben, können Sie kostenlos Kleider, Autos und andere Produkte und Dienstleistungen ausprobieren die Ihnen Firmen zur Verfügung stellen. Grundsätzlich entsprechen diese Influencer, Opinion- oder Category-Leader den Internet-Nutzern die primär Inhalte generieren, kommentieren und teilen, während die Mehrheit vorwiegend konsumiert.
Travel Blogger gehören zur ersten Gruppe und spielen eine immer wichtigere Rolle wenn es darum geht, glaubwürdige und zuverlässige Inhalte über Reiseländer, Reisearten oder weiteres rund ums Reisen mit ihrem sozialen Netzwerk zu teilen. Gemäss State of the Blogsphere 2012 von Technorati entwickeln sich Blogger zu wichtigen Partner innerhalb der Marketingbemühungen eines Unternehmens. Blogger geben von sich aus an, dass sie oft über Marken, die sie über die Social Media Kanäle verfolgen, schreiben. Unternehmen wiederum bestätigen ein wachsendes Interesse an professionellen Bloggern.
Um mehr Reichweite und Glaubwürdigkeit für das Hotelbewertungsportal Zoover zu erreichen habe ich auf die Konversation mit Reiseblogger gesetzt. . Eine der Aktivitäten, die ich dafür vorgesehen habe, ist ein Twitter Chat über Reisethemen – die Zoover Travel Lounge. Ein Online Treffen, dass jeweils dienstags ein neues Thema behandelt. Jeder kann mitmachen indem er seinen Tweets das Hashtag #ZTRL hinzufügt.
Zusammenfassend möchte ich behaupten, dass Empfehlungen innerhalb des eigenen sozialen Netzwerkes, dank Tools wie Twitter und Facebook, an Wichtigkeit gewinnen. Im Prinzip hat sich nichts geändert. Dank den heutigen Technologien kann ich aber weitaus mehr Empfehlungen abgeben und erreiche zudem mit einem einzigen Like weitaus mehr Freunde, als bei einem Mittagessen.
Who is trusted in Travel and Tourism – IULM Master Tourism Management
Immer öfter Facebook-Freunde fragen