Schon seit einiger Zeit beschäftigen wir uns im TravelBrain Team mit dem Thema der effizienten Internet-Nutzung im Reisebüro. Wie kann sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter die vom Kunden erwähnten Tools und Seiten nicht nur vom Hörensagen kennen, sondern diese auch optimal in die eigenen Abläufe einbinden können?
Auf der kommenden ITB in Berlin wird die
“Reisebüro Webanalyse 2008” der Fachhochschule Worms und dem
ExpiBlog.de mit dem Titel “Die Reiseberatung im Zeitalter des Internets: Optimierung der Beratungsprozesse im stationären Reisevertrieb” vorgestellt. Wir sind gespannt auf die gesammelten Erkenntnisse und ob diese auch für die Reisebüro-Landschaft in der Schweiz Gültigkeit haben werden. Davon gehen wir allerdings schon jetzt aus.
Mitautor
Michael Faber hat mir heute erlaubt, einen bereits früher publizierten Artikel zu diesem Thema auf dem TravelBrain-Blog noch einmal zu veröffentlichen. Vielen Dank Michael.
Adrian Matt für TravelBrain
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Reisverkehrskaufmann und Student der Fachhochschule Worms
Ohne Internet geht es schon lange nicht mehr: Auch die Reisebranche profitiert von den vielfältigen Möglichkeiten der Präsentation, Buchung und Information im World Wide Web. Die Reisebüros schöpfen die Potentiale jedoch nicht in vollem Maße aus. Das ist ein Ergebnis der vom Deutschen ReiseVerband (DRV) in Auftrag gegebenen empirischen Studie der Fachhochschule Worms. Unter fachlicher Leitung von Prof. Dr. Roland Conrady vom Fachbereich Touristik / Verkehrswesen an der FH Worms untersuchten die Studenten Simone Biederbeck und Michael Faber den Grad der Internetnutzung in Reisebüros. Befragt wurden mehr als 1.500 Reisebüromitarbeiter zu ihrer Einstellung in Bezug auf das Internet und die Integration von Internet-Informationen in den Beratungsprozess der Agenturen. Die Ergebnisse präsentierte Prof. Conrady gemeinsam mit seinen Studenten auf dem 4. DRV Deutschen Reisebürotag in Budapest. Das Team um Prof. Conrady hat einen kurzen
Leitfaden (hier gehts zum Download) entwickelt, der Reiseverkäufer im Umgang mit Web-Anwendungen unterstützen soll.
Die Berater in den Reisebüros stehen vor der Herausforderung, mit den Weiterentwicklungen des Internet und bestens vorinformierten Kunden Schritt zu halten. „Sie sollten sich die Vielfalt der Internet-Informationen zu Nutze machen“, so das Fazit von Prof. Conrady, „indem sie diese in Beratungsgespräche integrieren. Durch vielfältige Informationsbeschaffung lässt sich die stationäre Beratungsleistung ausbauen und ein Mehrwert für Reisebürokunden schaffen.“ Stationäre Reisebüros können damit Wettbewerbsvorteile gegenüber Online-Reisebüros erzielen.
Darüber hinaus sollten Reiseverkäufer kurzfristig durch Schulungen in die Lage versetzt werden, Internet-Informationen schneller zu finden und deren Qualität besser einschätzen zu können als Reisebüro-Kunden. Mittel- bis langfristig benötigen Reisebüros technische und methodische Unterstützung, um neu geschaffenen Content und bestehende Inhalte aus dem Web effizient in Beratungsprozesse zu integrieren. Ein neu entwickeltes Unterstützungstool würde Informationen im Web gezielter und schneller auffindbar machen und Prozesskosten erheblich senken. 93 Prozent der befragten Reiseverkäufer wünschen sich ein solches Unterstützungstool.
Die zentralen Ergebnisse der Studie im Ueberblick:
- Noch immer steht ein Großteil der befragten Reisebüromitarbeiter dem Internet ambivalent gegenüber. Sie sehen das Internet einerseits als Unterstützung beim Verkauf von Reisen (89 Prozent der Antworten), andererseits aber auch als Konkurrenz und Gefährdung (58 Prozent) für ihr Geschäft.
- Die Reiseverkäufer nutzen neben den Websites von Anbietern und deren Extranets vor allem Hotelbewertungen, Online-Enzyklopädien und Seiten mit Kartenmaterialien und schätzen diese als wichtig für die Beratungsqualität ein.
- Beim aktiven Generieren eigener Inhalte in Web-2.0-Anwendungen sind Reiseverkäufer bisher sehr zurückhaltend. Den klassischen Reisebüro-Medien wie Katalogen und Reservierungssystemen wird nach Meinung der Reiseverkäufer zukünftig eine geringere Bedeutung zukommen. Nutzer- und anbietergenerierten Webinhalten, Vertriebsunterstützungs-Systemen und Suchmaschinen hingegen kommt zukünftig eine größere Bedeutung zu. Auch E-Mail-Newsletter gewinnen nach Meinung der Expedienten an Bedeutung, wogegen Post-Mailings weniger wichtig werden.
- Die Qualität der eigenen Reisebüro-Website wird überwiegend als gut (87 Prozent) eingeschätzt, im Widerspruch dazu wird der Nutzen für den Kunden als eher gering bezeichnet (47 Prozent). Lediglich zwölf Prozent der Websites enthalten Anwendungen, die den Austausch von Informationen zwischen Reisebüro und Kunde ermöglichen und nutzergenerierten Inhalt integrieren, so die Meinung der befragten Verkäufer. Ein nur sehr geringer Anteil der Websites wird von professionellen Internet- oder Werbeagenturen betreut (elf Prozent). Über den geringen Nutzen der Website scheint sich der Großteil der Reisebüromitarbeiter im Klaren zu sein – nur 21 Prozent der Reiseverkäufer empfehlen ihre eigene Website dem Kunden häufig. Die Websites der Reisebüros haben also Nachholbedarf, um einen hohen Nutzen für den Kunden zu schaffen.
- Vielversprechend erscheint auch der Aufbau einer internen Reisebüro-Wissenscommunity, die Reiseverkäufer untereinander vernetzt und deren Spezialwissen für die Kollegen zur Verfügung stellt. 94 Prozent der befragten Reiseverkäufer sind bereit, ihr Fachwissen mit anderen Kollegen zu teilen, wenn sie im Gegenzug selbst Informationen und Insidertipps erhalten.
- Die Studie ging auch der Frage nach, wie Informationen aus dem Internet effizient in den Beratungsprozess im stationären Reisevertrieb einbezogen werden können. Durch die Recherche und Integration von Internetinformationen werden Beratungsprozesse erheblich verlängert: Im Durchschnitt um zehn bis zwölf Minuten bzw. um 40 Prozent. Da sich die Prozesskosten im Reisebüro hierdurch deutlich erhöhen, ist eine effiziente Nutzung von Internet-Informationen derzeit noch nicht möglich.